
In dieser winterlichen Zeit zieht sich die Natur zurück. Alles wird blass. Alles wandelt sich und wird erdfarben. Es fröstelt uns. Wir werden vielleicht melancholisch, weil wir merken, dass wir auch den schönsten Sommer nicht zurückhalten konnten. Wir ziehen uns in unsere vier Wände zurück. In dieser trüben und stillen Zeit beginnt der Advent.
Können wir unser Leben noch mit dem Advent in Verbindung bringen?
Das Wort Advent kommt vom Lateinischen und heißt Ankommen. Die meisten Menschen sehen den Advent bloß als eine Zeit, die zu überbrücken ist, bis endlich Weihnachten ist.
Die Adventszeit führt uns vor Augen, dass das Leben im Allgemeinen mit Erinnerung, Erwartung und Sehnsucht zu tun hat.
Christen erinnern sich an die Ankunft Gottes in Jesus von Nazareth vor über 2000 Jahren, der durch sein Ankommen die Welt unwiderruflich verändert hat und weiterhin verändert, dass diese Welt "Gottes Licht mehr und mehr spiegelt", allen unseren gegenteiligen Wahrnehmungen von Not, Unterdrückung, Terror und Krieg zum Trotz.
Können wir unseren schlichten Alltag als Advent erleben? Sind wir bereit und empfänglich für ein Ankommen einer Wirklichkeit, die hereinbricht in diese dunkle Zeit? Können wir dieser leuchtenden Wirklichkeit unseres wahren Herzens vertrauen?
Es ist diese uralte Sehnsucht der Menschheit, die lebendig bleibt: Dass dieses unser strahlendes Wesen mehr und mehr inmitten von Schrecken und Angst zum Leuchten kommt.
Wir sind nicht festgelegt auf unsere Vergangenheit, auf unsere alten Verletzungen, auf unsere vielleicht momentane missliche Situation. Wie immer unsere Lebenslage ausschaut, was uns immer belastet, wir können es lassen und neu anfangen. Wir können einer Wirklichkeit vertrauen, "die vor Himmel und Erde steht", einer Wirklichkeit, die größer und umfassender ist, als ich es in der Tristesse des Alltags wahrnehmen kann.
Im Grunde genommen brauchen wir dieses unser Licht nicht suchen. Nur Vertrauen ist nötig. Diese Urwirklichkeit ist schon längst bei und uns und kommt jeden Augenblick neu an.
Sie ist so leise und zart, dass wir sie überhören können.
Es bedarf nur unserer Bereitschaft weiterzugehen, obwohl wir gleichzeitig wissen, dass wir schon endgültig angekommen sind. Obwohl wir am Ziel sind, gehen wir gleichzeitig jener Wirklichkeit entgegen, die uns im eigenen Advent mehr und mehr entgegenkommt.
Ist dieses Vertrauen so schwer? Ist Resignation und Verzweiflung wirklich leichter?
Diese Adventszeit lädt uns ein, uns für dieses Vertrauen zu entscheiden, allem Schrecken zum Trotz. Wählen wir die Freude des Advents. Es kommt das zum Leuchten, was wir schon längst im Tiefsten sind: Leuchtende und strahlende Wesen.
Wie Buddha kurz vor seinem Tod zu seinen Weggefährten sagte:
"Seid euch selbst ein Licht,
seid euch selbst eine Zuflucht.
Nehmt nicht zu irgendetwas anderem Zuflucht.
Haltet euch an die Wahrheit,
die euch leuchtet.
Nehmt zur Wahrheit Zuflucht.
Sucht in niemand anderem eure Rettung
als in euch selbst."
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Am Ende möchte ich euch die traurige Mitteilung bekanntgeben: am 2. November ist Doris Kastner verstorben. Doris war in den Anfangsjahren bei vielen Kursen und beim Sitzen im Zendo dabei. Mit ihrer stillen vornehmen Weise hat sie sich in unserer Sangha eingebracht. In der Stille wissen wir uns eins mit ihr.
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Da viele von uns beim Adventsesshin sind, fällt das Sitzen im Zendo am 7. und 8. Dezember aus.
Mit herzlichen Grüßen und mit großem Dank für eure Unterstützung,
Christoph