
Das Fasten hat eine uralte Tradition. Die wohl älteste Fastentradition findet sich in den Veden, den heiligen Schriften der Inder, die in die Zeit zwischen 10 000 und 1500 v. Chr. zurückreichen.
Der heilige Johannes J. Chrysostomos, der heilige Basilius und heilige Anastasius, aber vor allem die heilige Hildegard von Bingen wussten um den positiven Einfluss des Fastens.
Es wurde und wird sowohl aus gesundheitlichen, gesellschaftlichen und spirituellen Gründen durchgeführt. Diese Bereiche lassen sich nicht trennen und durchdringen einander.
Über die positive Wirkung des jahreszeitlich bedingten Fastens für Körper, Geist und Seele können wir z. B. in Berichten über das bäuerliche Volk der Hunzas (Himalaja) lesen. Sie bauten Getreide, Hülsenfrüchte und Obst an. Dennoch war die bäuerliche Grundlage nicht ausreichend, um alle Bewohner in den Frühlingsmonaten zu ernähren, so dass sie fasten mussten.
Die Folge: Sie erfreuten sich allgemein einer guten Gesundheit und sozialer Harmonie.
Auch heute ist das Fasten weit verbreitet. Viele von uns spüren, dass der unentwegte Überfluss uns nicht wirklich satt machen kann. Obwohl wir heute zu jeder Zeit etwas essen können, sind wir deswegen nicht zufriedener. Intuitiv merken wir, dass uns trotz Überangebot etwas fehlt.
Dieses Etwas ist jedoch nicht ein Mehr, sondern ein Weniger. Und weil wir das nicht glauben können, schielen wir nach immer Mehr.
Dieses eingefleischte Muster können wir durchbrechen. Und dazu braucht es manchmal Anstöße, eine Fastenzeit, die uns darauf aufmerksam machen.
Oft sind es solche Auszeiten und auch Krisen, in denen neue Erfahrungen möglich sind.
Sind es nicht Erfahrungen von Entbehrungen, von Nicht-Haben, von Bedürftigkeit, die mich geradezu in existenzielle Fragen hineinstellen: Was nährt mich? Wer bin ich? Wofür lebe ich? Was hat Bestand im ständigen Wandel?
Im Fasten erfahren wir unsere existenzielle Bedürftigkeit. Ich erlebe mich als Mensch als ein abhängiges Geschöpf. Es gibt keine einzige Erscheinung, die eine eigenständige, beständige Individualität besitzt.
Ich lebe nicht aus eigener Kraft, ich lebe nur im Empfangen.
Ich kann nur leben, wenn ich immer wieder das bekomme, was mich leben lässt. Wir können wirklich staunen wie viel wir täglich empfangen.
Im Fasten wächst eine dankbare Verbundenheit mit den Menschen und mit der Natur, mit der frischen Luft und dem Wasser als Lebenselixier, mit der Erde, die uns trägt und ernährt.
Es ist im Zusammenhang mit dem Fasten auch interessant, dass gerade das Volk der Hunza das Träumen als Wegweiser im Leben sehr kultivierte. Auch im Alten Testament wird berichtet wie den Propheten Daniel, Moses und Elias tiefe Gotteserfahrungen zuteil wurden. Das Fasten vermag die Offenheit für die Transzendenz zu aktivieren und lässt uns hören und sehen, was wir sonst überhören und übersehen.
Fasten muss also keine düstere Angelegenheit sein. Martin Heidegger sagt: “Der Verzicht nimmt nicht. Der Verzicht gibt. Er gibt die unerschöpfliche Kraft des Einfachen” (Der Feldweg). Im Verzicht erfahre ich den Gewinn, der im Einfachen liegt.
Im Fasten wird der Körper gereinigt, der Geist wird freier und tiefe Ruhe kann einkehren. Wenn ich mich dann in meiner Haut wohler fühle, wenn ich einfacher und bescheidener lebe, dann ergibt sich daraus ein inneres Bedürfnis mich für eine friedvolle und gerechtere Welt einzusetzen.
Fasten in diesem Sinne als ein ganzheitliches Heilwerden und Verbundensein.
Und schließlich lernen wir wieder bewusst und genussvoll zu essen. Essen und Fasten gehören zusammen.
Im Rahmen unserer Zengruppe wollen wir heuer erstmals gemeinsam fasten (25.2. - 6.3.2021). Wir fasten nach der Methode der Hl. Hildegard (Gemüsebrühe, Tee, Herzwein etc.).
https://www.zengruppe-wien.at/event-details/fasten-ein-neubeginn
Weiterhin ONLINE-MEDITATIONEN: Wir sitzen fast täglich zweimal zusammen. Wer sich anschließen möchte, ist herzlich eingeladen.
https://www.zengruppe-wien.at/zen-meditation-yoga
Für alle Zuwendungen in Form von Spenden, Briefen und E-Mails möchte ich mich von Herzen bedanken.
Euer Christoph
Foto: Gudrun